und jetzt erst recht...

... und jetzt erst recht...

Wie oft hören wir Negatives, Frust und Wut weil die Dinge scheinbar so schlimm sind
und Corona so viel kaputt macht. Dabei dürfen wir
... jetzt erst recht...
staunen wie wichtig und gerade weshalb
Weihnachten uns alle betrifft mitten in unsere Not,
in unser Leid und in unsere persönliche Situation.

Wenn dies einer Frau mitten in so großem Leid möglich war,
wie viel mehr sollten wie es dann
hinbekommen auf Gott und seine Liebe zu schauen,
auf das vollkommene Werk uns sein Kommen und
die Rettung die er uns liebevoll anbietet?

 

Mein Gott, dein hohes Fest des Lichtes
hat stets die Leidenden gemeint...
Wenn unsere Feste jäh zerrönnen,
muss jeder Tag en Christtag sein.
Wir preisen dich in Schmerz, schuld und Not
und loben dich bei Wein und Brot!

Jochen Klepper

 

Mit Freuden beschenkt: (eine wahre story)
Mit vier Jahren erlebte ich erstmals die Vorweihnachtszeit ganz bewusst mit all ihrem Zauber und Geheimnis. Wir Kinder konnten in jener Zeit -1945- wahrlich keine groß-artigen Geschenke erwarten und mit üppigen Festlichkeiten rechnen. Es waren vielmehr die kleinen Dinge, die uns mit Vorfreude erfüllten. Wir dachten an den Baum und seinen Schmuck, an die Lichter und ihren Glanz, an die Stube und ihren weihnachtlichen Duft. Mit allen Sinnen warteten wir auf das große Fest und die vielen kleinen Dinge, die es zu sehen und zu hören, zu riechen und zu schmecken, zu fühlen und zu erleben gab.
   Für unsere Mutter war diese wunderbare Zeit der Lichter und Geheimnisse von dunklen Schatten und tiefem Bangen überdeckt. Noch immer hatte sie keine Nachricht von unserem Vater. Die Hoffnung, daß er noch lebt und aus russischer Gefangenschaft nach Hause kommt, mußte immer wieder gegen die Angst und Sorge um sein Ergehen ankämpfen.
   Es wird Heiligabend. Die Spannung in den Kinderherzen erreicht ihren Höhenpunkt. Aufgeregt rennen wir durch die Wohnung. Es klingelt, der Postbote bringt einige Briefe. Mutter setzt sich an den Tisch und beginnt zu lesen. Wir springen davon, lachen und singen, toben und balgen. Als wir in die Küche kommen, bleiben wir erschrocken stehen und verstummen. Mutter sitzt über einem Brief gebeugt, der in ihren Händen zittert, und weint. Die Tränen laufen auf den Brief hinab, tropfen auf den Boden. Nur mühsam gelingt eine Erklärung: Ein Kriegskamerad hat uns mitgeteilt, daß unser Vater in einem russischen Gefangenenlagererkrankt und am 15. Oktober verstorben ist.
   Obwohl das ganze Ausmaß der Schreckensnachricht nicht in unsere Kinderherzen eindringen kann, spüren wir, dass etwas zerbricht, zusammenstürzt und abreißt. Wir drücken uns an unsere Mutter. Traurigkeit erfüllt den Raum. Die Tränen mischen sich. Lange finden sich keine Worte. Es ist totenstill. Mitten hinein in die stumme Verzweiflung dringt meine kindlich besorgte Frage: „Mutti, fällt Weihnachten jetzt aus?“ Meine Mutter stutzt, gibt sich einen Ruck, nimmt mich in den Arm und sagt: „Nein, jetzt feiern wir erst recht Weihnachten!“ Und dann beginnt unsere Mutter ihre Traurigkeit und ihr Leid damit zu bewältigen, daß sie uns die Weihnachtstage schön gestaltet...
   Die Weihnachtsbotschaft von der Freude fällt nicht aus, weil es in unserer Welt so viel Leid und Tränen, Angst und Sorge gibt, sondern gerade deswegen und dann “erst recht“ werden Geburt und Kommen Christi verständlich. Weihnachten fällt nicht aus, wenn Trauer und Leid die Menschen bedrängen, sondern es fällt hinein in die ganze Dunkelheit irdischen Lebens. Mitten in Leid und Weh, Schuld und Not müssen wir „erst recht“ Weihnachten feiern, das Kommen Christi besingen, den Retter anbeten und den Heiland finden. Das Kommen Gottes in die Welt hat ja mit unserer Not und Trauer zu tun.   Axel Kühner